Ehrenfelder Abendmusiken

Die Seite rund  um die Kirchenmusik an der Versöhnungskirche

Sommar Natten:I

Wenngleich der Sommer 2013 in Köln noch etwas auf sich warten lässt... Die Sommernächte, Abendstimmungen am See oder die hellen Nächte St. Petersburgs lässt das Voronin Quartett heute bereits aufleben; als Traum, als Sehnsucht, als poetische Reise in eine laue Sommernacht...

 

Mit Fug und Recht kann man in Joseph Haydn den „Erfinder“ der Gattung Streichquartett sehen. Haydn inspirierte sein Umfeld zu immer neuen Versuchen in der Kammermusik für vier Streicher; Mozart widmete ihm gleich sechs Quartette, und diese reizten in ihrer Modernität Haydn, noch mehr zu wagen. So schrieb er 1788 eine neue Serie Quartette op. 54. Diese verkaufte er an den Pariser Verleger J.G. Sieber, und reicherte sie mit Virtuosität und Brillanz an. Das C-Dur-Quartett aus op. 54 trägt die Nr. 2 und ist besonders virtuos. Schon das einleitende Vivace fordert von der ersten Violine geradezu halsbrecherische Soli. Auch das erste Adagio gibt dem Primarius viele Möglichkeiten, schließlich ist es eine ergreifende Klage im Zigeunermusikstil. Ganz außergewöhnlich ist das Finale dieses Quartetts: kein üblicher schneller Satz, sondern ein zartes Adagio. Ein heiterer Sommerabend auf Schloss Eszterhazy...

 

Das Streichquartett Sergej Rachmaninows aus dem Jahr 1889, eigentlich zwei Sätze eines unvollendeten Werkes, ist noch zu seiner Studienzeit entstanden. Auch wenn man den Einfluss seiner Lehrer Arensky und Tanejew und vor allem des von ihm hochverehrten Meisters Tschaikowsky noch deutlich spürt, ist das Jugendwerk schon von einem eigenwilligen Stil geprägt. Kühne Harmonik und klanglicher Reichtum weisen auf den späteren Meister der Neoromantik hin.

 

Zwischen 1877 und 1878 zog sich der norwegische Komponist Edvard Grieg in die ländliche Natur in der Nähe der Stadt Bergen zurück. Dort suchte er nach neuen Möglichkeiten, die volksmusikalische Tradition seiner Heimat mit neuen, avantgardistischen Kompositionsformen zu verbinden. Ergebnis war sein erstes Streichquartett. Er selbst meinte: „Mir gefällt das Gefühl, dass in diesem Werk Herzblut steckt, wovon die Zukunft hoffentlich mehr als nur Tropfen sehen wird.“ Das Streichquartett wurde am 1878 in

Köln (!!) uraufgeführt, wobei das Publikum begeistert reagierte, die Musikkritik jedoch sehr skeptisch war. Allzu schroff, allzu modern schien den zeitgenössischen Musikjournalisten Griegs Stil. Einer jedoch war besonders begeistert: für Franz Liszt war Griegs Streichquartett ein Meisterwerk ersten Ranges. Und als solches wird es auch heute allgemein verstanden, gerade in der Verbindung von ganz moderner, quasi impressionistischer Klangsprache und volkstümlichem Kolorit. Dieser Kolorit spiegelt höchst pittoresk die Stimmungen des skandinavischen Sommers wieder. Im ersten Satz mag man dunkle Tannenwälder vor Augen haben, der zweite imaginiert vielleicht einen lauen Abend am See, während der letzte Satz einen Elfenreigen in sommerlicher Vollmondnacht imaginiert.

Thomas Höft